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Das Märchen vom vergangenen Jahr!

Das Märchen vom vergangenen Jahr!
Es waren einmal drei Tuscheltauben. Die hießen Adelheid, Beatrix und Cecilie.
Und Adelheid, Beatrix und Cecilie, die trafen sich an jedem siebten Sonntag des Jahres auf einer alten Buche am Rande des finsteren Unterwalds, um dort zu tuscheln über das, was es Neues gegeben hatte im vergangenen Jahr.
"Schneewittchen", begann Adelheid, "hat geheiratet."
Beatrix seufzte nur. "Das ist bekannt, dass sie ihren Hofnarren geheiratet hat." "Ja das schon ...." Adelheid machte es spannend. "Aber der ist weg." "Waaaas!?", fragte Beatrix und wäre fast vom Ast gefallen. "Wer ist weg?", fragte Cecilie, die immer etwas brauchte, um zu begreifen.
"Der Hofnarr natürlich!", erklärte Beatrix und fragte Adelheid: "Und? Wie konnte das passieren? Nun erzähl schon, Adelheid!"
Und Adelheid erzählte ihre traurige Geschichte.
"Die Hochzeit war ein Traum in Rosa gewesen: Schneewittchen trug ein rosa Kleid mit rosa Schleppe, der Hofnarr einen rosa Frack mit rosa Krawatte und sogar der Bischof hatte sich eine rosa Bischofsmütze aufgesetzt. Und die ersten Wochen vergingen dem jungen Paar wie im Fluge. Sie waren wie die Turteltauben und wenn sie nicht turtelten, brachte der Hofnarr Schneewittchen mit einem Witz immer wieder zum Lachen.
Doch als die Tage kürzer und die Nächte länger wurden und der Narr ihr zum siebenunddreißigsten Mal seinen Lieblingswitz von der Blondine, die beim Bäcker neunundneunzig Brötchen verlangt, erzählen wollte - wir kennen ihn ja alle: Der Bäcker fragt: "Warum nehmen Sie denn nicht gleich hundert?" - da beantwortete Schneewittchen die Frage: "Wer soll denn die alle essen?" Und sie lachte nicht dabei, sondern fügte hinzu: "Ja, ja, sehr, sehr komisch - aber ich kann`s nicht mehr hören, und außerdem ist mir nicht zum Lachen zumute."
Und mit diesen Worten legte sie sich allein zu Bett und kurze Zeit später wurde ihr Sohn geboren.
Als sie sich von der Überraschung erholt hatte, gewann Schneewittchen den Kleinen über die Maßen lieb und verbrachte mit ihm jede Minute des Tages und ließ ihn des Nachts bei sich im Bett schlafen, so dass für den Hofnarren kein Platz mehr war. Der Hofnarr aber langweilte sich, denn selbst die Wachen und das Gesinde konnten über seine Witze nicht mehr lachen. Und so gewöhnte er sich das Rauchen wieder an. Doch Schneewittchen wollte es nicht dulden, dasser im Schloss rauchte, denn der Rauch sei bekanntlich nicht gut für das Kind. Außerdem hatte sie das ganze Schloss umbauen una alle Räume frisch renovieren lassen. Die düsteren Wände leuchteten jetzt rosig, die alten, schweren Möbel hatte sie versteigern lassen und durch neue, leichtere ersetzt, sogar den alten Spiegel hatte sie weggegeben, da sie seiner nicht länger bedurfte.
Und so musste der arme Narr ganz allein in der Kälte auf dem Balkon stehen und dem Rauch seiner Zigaretten nachsehen, der zum Himmel aufstieg.
Und so wie es manchen Vögeln geht, begann er sich nach der Wärme und nach dem Süden zu sehnen. Und seine Sehnsucht wurde stärker und stärker, bis sie stärker war als die Liebe zu Schneewittchen und seinem Kind.
Da trat er eines Abends, als Schneewittchen gerade das Kind zu Bette brachte, ins Zimmer und sprach: "Perle, hör zu, ich geh mal eben kurz Zigaretten holen." Und da Schneewittchen nur nickte, warf er einen letzten Blick auf seinen Sohn, der ihm wahrlich zum Entsetzen ähnlich sah. Dann verließ er leise das Zimmer und das Schloss und das Land und ward seitdem nimmer gesehen."
"Ja, und?", fragte Beatrix. "Was macht jetzt Schneewittchen?" "Ach, sie ist recht zufrieden mit ihrem Söhnchen, das seinem Vater immer ähnlicher wird. Nur manchmal sehnt sie sich zurück nach den alten Zeiten und singt traurige Lieder..."
Die drei Tuscheltauben schwiegen still - aber nur für einen Moment. Dann fragte Cecilie: "Und die sieben Zwerge? Was ist mit denen?" Das fiel nun eindeutig in das Gebiet der Taube Beatrix, denn die war Tag und Nacht im Walde unterwegs.
"Auch die sieben Zwerge hatten ihre Probleme, das heißt, zunächst hatten sie nur eins, und das hieß Rotkäppchen.
Der gefiel es nämlich im Zwergenhaus so gut, dass sie beschloss, dort nicht nur kurz auszuruhen, sondern auf Dauer einzuziehen. Zunächst mussten die Zwerge die rosa Hälfte des Hauses, in der Schneewittchen gewohnt hatte, käppchenrot streichen, dann mussten sie selber wieder in der anderen Hälfte zusammenrücken, wo es jeden Abend den gleichen Streit gab darüber, wer nun im obersten der sieben Betten schlafen durfte. Von Rotkäppchen sahen sie wenig, denn die schlief den lieben langen Tag, und was sie Nachts machte, das wussten die Zwerge lange nicht. Bis sie eines Tages beschlossen, ihr heimlich nachzugehen.
Rotkäppchen lief lange durch den finsteren Wald, aber so, als ob sie genau wüsste, wohin sie wollte, bis sie an ein verrufenes Wirtshaus kam und darin verschwand. Von drinnen hörte man ein dumpfes Wummern und Hämmern und Stampfen und manchmal auch ein helles Wimmern und Jammern oder einen spitzen Schrei.
Als die Zwerge nun an die Türe klopften, öffnete sich eine kleine Klappe, durch die ein finsteres Mannsbild hervorsah und sie fragte:
"Wer seid ihr?"
"Wir sind die sieben Zwerge", sagten die sieben Zwerge wie aus einem Mund.
"Und was wollt ihr?"
"Rein."
"Und wozu das?", fragt der Mann.
"Wir suchen ein Mädchen", sagte Tschakko.
"Ein Mädchen mit einem roten Käppchen", sagte Ralfie.
"Deswegen heißt es auch Rotkäppchen", erklärte Sunny.
"Logisch." Sagte Cloudy.
"Wir machen uns nämlich Sorgen um sie", sagte Cookie.
"Um Rotkäppchen", fügte Speedy hinzu, um jedes Missverständnis auszuschließen.
"Ach die!" Sagte da der Mann. "Die mit dem Wolf tanzt! Umd die müsst Ihr Euch keine Sorgen machen. Die ist in guten Pfoten." Und damit wollte er die Klappe schließen.
"Halt! Halt! Halt!", rief Bubi noch.
Und der Mann fragte: "Was ist denn?"
"Gar nichts", gab Bubi zu und schämte sich.
Der Mann schaute finster und machte die Klappe zu.
Die Zwerge aber mussten sich sorgenvoll auf den Heimweg machen. Und ihre Sorgen wurden noch größer, als sie am nächsten Tag feststellen mussten, dass nebenan bei Rotkäppchen ein neuer Untermieter eingezogen war. Und der Wolft wohnte nicht nur im Haus, er fraß den Zwergen auch noch ihre ganzen Würstchenworräte weg.
Da endlich beschlossen die Zwerge, dass es so nicht weitergehen konnte und sie etwas gegen diese ungeladenen Gäste unternehmen müssten, und weil sie nicht wussten, was, gingen sie zum Weißen Helge, um Rat des Weisen einzuholen.
Der Weiße Helge saß auf seiner Lichtung inmitten alter Möbel und schaute in einen Spiegel. "Hab ich alles im Schloss gekauft", erklärte er überraschend gesprächig. "War ein Schnäppchen!"
Als die Zwerge ihm von ihrem Problem erzählt hatten, sagte er bedächtig: "So, ihr wollt also wieder ein Haus für Euch allein haben .... Nun, es gibt immer drei Möglichkeiten: Entweder die ziehen aus oder Ihr zieht aus - ...." "Das ist immer noch unser Haus!" protestierte Tschakko.
"Warum sollen wir da ausziehen?!" sagte Cookie.
"Und wohin?", fragte Speedy nach einer Weile.
Der Weiße Helge warf ihnen eine alte Zeitung zu, in der eine Anzeige angestrichen war: "Räumungsverkauf auf Schloss -"
"Das doch nicht - das darunter!", sagte der Weiße Helge. Und Cookie, der dazu seine Brille aufgesetzt hatte, las weiter:
"Hexenhaus in bester Waldlage, renovierungsbedürftig, aber mietfrei...." Die Zwerge sahen sich zweifelnd an.
"Moment!", sagte Tschakko. "Erstmal die dritte Möglichkeit!"
Helge schaute verträumt in seinen neuen Spiegel. "Du hast doch gesagt, es gibt immer drei Möglichkeiten!", erinnerte ihn Sunny.
"Habe ich das?", fragte der Weiße Helge unwillig.
"Hast du!" bekräftigte Cloudy.
"Das war dann entweder wahr oder gelogen - es gibt nämlich immer zwei Möglichkeiten."
Die Zwerge entschieden sich nicht nach Hause zu gehen, sondern zum Hexenhaus. Das aber sah gar nicht renovierungsbedürftig aus, das Dach war mit Lebkuchen neu gedeckt und aus dem Schornstein stieg weißer Rauch auf. Die Zwerge schlichen ums Haus und schauten durch ein Fenster hinein: Da saß die eitle Königin vor einer Kristallkugel und schaute hinein, und da sie in ihrer Kugel alles sehen konnte, was im Wald geschah, sah sie wie die Zwerge zu ihr durchs Fenster hineinschauten. Und die ehemalige Königin stieß einen Wutschrei aus, der war so schrill und schrecklich, dass die Zwerge es mit der Angst zu tun bekamen und schnell nach Hause liefen.
Dort saß der Jäger auf der Gartenbank und von ihm hörten sie, was geschehen war: Der Wolf hatte Rotkäppchen dazu gebracht, ihm den Weg zu ihrer Großmutter zu zeigen. Die hatte er dann gefressen und zum Nachtisch die Enkelin noch dazu.
"Das ist ja schrecklich!", riefen die Zwerge, die fast ein schlechtes Gewissen spürten, weil sie so schlecht über Rotkäppchen geredet hatten.
"Keine Sorge!", beruhigte sie der Jäger. "Ich habe dem Wolf den Bauch aufgeschnitten, und weil er so gierig geschlungen hatte, kamen die Großmutter und Rotkäppchen unversehrt wieder zum Vorschein."
"Und die Würstchen?", fragte Bubi hoffnungsvoll.
"Nein", sagte der Jäger, "die leider nicht."
Doch mit der Enttäuschung konnten die Zwerge leben - und das tun sie nun auch wieder, ungestört im eigenen Hause.
"Und was lernen wir daraus", fragte Beatrix zum Abschluss. "Manche Probleme lösen sich von selbst - man muss bloß lange genug von zuhause weg sein." Sagte Adelheid.
"Das auch", gab Beatrix zu.
"Und ganz wichtig: "Oft genug gibt es doch mehr als zwei Möglichkeiten...."
Sie dachte selbst darüber nach, was genau sie wohl damit gemeint hatte.
"Und du?", fragte Adelheid dann Cecilie.
"Ich?"
"Ja, was hast du erlebt?"
"Erlebt?"
"Irgendwas musst du doch erlebt haben! Oder?" Cecilie hatte diese Frage befürchtet. Doch das, was sie erlebt hatte, hörte sich so unwahrscheinlich an...
"Ja, also ... da war dies Wesen ... also mehr ein Unwesen ... irgendwie unheimlich. Ich habe es gesehen, am See, wie es ums Feuer getanzt ist und gesungen hat ...."
"So so, gesungen hat es", sagte Beatrix. "Es ist also ein Vogel."
"Nein, es hat getanzt, auf zwei Beinen, und dazu gesungen ..."
"Das sagtest du schon", bemerkte Adelheid streng.
"Also kein Vogel - sondern ...."
"Es hat lange, dünne Haare und kurze, krumme Beine" -
"Ein Waschbär?"
"Oder ein Erdmännchen?"
"Nein, es ist eine Art von Männchen, aber mehr menschlich - ihr könnt die Enten fragen, die haben es auch gesehen. Es will uns alle aus dem Wald vertreiben, sagen sie."
"Ach, die Enten", sagte Beatrix, "was die so zusammenschnattern...."
"Einen Namen muss es doch wenigstens haben", sagte Adelheid noch strenger.
"Es ist das Böse, das jeder kennt, und dessen Namen dennoch niemand nennt."
"Ich kenne es nicht",sagten Adelheid und Beatrix fast gleichzeitig.
 
"Aber Ihr werdet mich noch kennenlernen!", sagte da eine Stimme. Die Stimme kam von unten, und als die drei Tuscheltauben hinabschauten, da sahen sie unter dm Baum ein Wesen - oder mehr ein Unwesen, das hatte langes, dünnes Haar und Kurz, krumme Beine, und es sprach: "Ich bin das Böse, das jeder kennt, und dessen Namen dennoch niemand nennt. Und ihr werdet jetzt von hier verschwinden. Denn das ist mein Wald!"
Und das Wesen schlug Feuer mit zwei Steinen und legte die Flamme an den Stamm des Baumes, der zu brennen begann. 
Da flatterten die drei Tuscheltauben auf und flogen davon. Und als sie sich einmal umschauten, da sahen sie, wie das fremde Wesen um den brennenden Baumstamm tanzte und sang:
"Ach, wie gut, das niemand weiß, dass ich .... "
Den Namen aber konnten sie schon nicht mehr verstehen.
 
 
 
Und so endete das Märchen vom vergangenen Jahr. Wer wissen will, wie`s weitergeht, muss nicht unbedingt die drei Tuscheltauben fragen - denn es gibt ja immer zwei Möglichkeiten ......